Die Ostseeküste in Schleswig-Holstein ist nicht nur ein wertvoller Naturraum, sondern auch über weite Abschnitte als Wirtschaftsraum für den Tourismus von herausragender Bedeutung. Rückgrat dieser wirtschaftlichen Aktivitäten ist eine gewachsene, gut ausgebaute touristische Infrastruktur im unmittelbaren Küstenbereich, zu der auch touristisch genutzte Strände und Dünenlandschaften gehören. Diese wesentliche Grundlage für den Tourismus ist durch den steigenden Meeresspiegel und damit auch immer höher auflaufende Sturmfluten in Gefahr.
Schon jetzt sind folgenreiche Überflutungsereignisse zu beobachten. So entstanden beispielsweise durch Sturmfluten an der Ostseeküste in den Jahren 2017 und 2019 erhebliche Schäden an touristisch genutzten Stränden. Damit verbunden waren hohe Kosten zur Wiederherstellung dieser zentralen touristischen Infrastruktur, die die Gemeinden aus eigener Kraft nicht tragen konnten. Das Land ist hier mit Soforthilfen unterstützend eingesprungen. Es ist zu befürchten, dass solche kostenintensiven Schäden an der öffentlichen touristischen Infrastruktur in Zukunft zunehmen werden. Hier gilt es, künftig nicht nur beim Auftreten von Schäden mit Nothilfen zu reagieren, sondern vorausschauend zu planen und sich konzeptionell auf die zu erwartenden Veränderungen vorzubereiten, sodass solche Soforthilfen gar nicht erst nötig werden. Grundlage für ein solches Vorgehen sind belastbare und vollständige Informationen einerseits über die heute vorhandene touristische Infrastruktur und deren Zustand, Widerstandsfähigkeit und Lebensdauer und anderseits über die Belastungen und ihre Folgen, die in kommenden Jahrzehnten für sie zu erwarten sind. In der Zusammenschau mit der touristischen Relevanz der verschiedenen Infrastrukturelemente lassen sich auf dieser Basis Handlungsempfehlungen für die touristischen Gemeinden an der Ostseeküste ableiten.
Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein hat daher eine systematische Bestandsanalyse der öffentlichen touristischen Infrastruktur an der Ostseeküste und ihrer Resilienz gegenüber außergewöhnlichen Wetterlagen, vor allem Sturmfluten und dem prognostizierten Meeresspiegelanstieg, beauftragt. Dabei sollen zunächst drei Gemeinden vertiefend betrachtet werden.
Die Bearbeitung gliedert sich in zwei Arbeitsabschnitte:
- Bestandsanalyse der touristischen Infrastruktur sowie der öffentlichen touristischen Einrichtungen des Gemeingebrauchs inklusive der Ermittlung der Einwirkungen auf die touristische Infrastruktur durch Sturmfluten und Anstieg des mittleren Meeresspiegels,
- Handlungsempfehlungen für die touristischen Gemeinden an der Ostseeküste.
Beauftragt wurde ein Konsortium unter Federführung des NIT. Das Projekt wird bearbeitet von:
- Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH (NIT, Dr. D. Schmücker, W. Günther): Bestandserhebung der touristischen Infrastruktur sowie der touristischen Einrichtungen des Gemeingebrauchs, GIS-Umsetzung/Kartenerstellung, (Ökonomische) Bewertung der Ergebnisse zur Resilienz, Ableitung von Handlungsempfehlungen
- TUTECH INNOVATION GmbH, Hamburg (Prof. Dr. P. Froehle, Dr. E. Nehlsen): Ermittlung von Veränderungswerten, Ermittlung von Belastungswerten an Bauwerken
- Büro für Umwelt und Küste, Kiel, Dr. K. Ahrendt: Untersuchung von Auswirkungen der Veränderungen auf Strände und Wege und sonstige Infrastruktur in der Fläche, Übertragung der Ergebnisse aus den morphologischen Projektionen in die Fläche
- Ingenieurteam Trebes GmbH & Co. KG, Kiel (W. Grawe, J. Trautmann): Untersuchung der Auswirkungen von Belastungswerten auf die Bauwerke, Zustandsbewertung der Bauwerke
Das Projekt ist Teil der Strategie Ostseeküste 2100. Ein zweites Teilprojekt zur Hydrodynamik und Morphodynamik der Ostseeküste Schleswig-Holsteins wird von der CAU Kiel (Professor Christian Winter) und der TU HH (Professor Peter Fröhle) durchgeführt.